Anlässlich
des Equal Care Days am 1. März 2021 lädt die Katholische
Frauengemeinschaft Deutsch-lands (kfd) und die Gemeinschaft der katholischen
Männer Deutschlands (GKMD) zu einer Online Gesprächsreihe unter dem Motto Care
gerecht gestalten ein.
Freitags von 18.00 bis 19.00 Uhr stellen sich
Praktiker*innen, Wissenschaftler*innen und Politiker*in-nen dem Gespräch rund
um Equal Care.
Anmeldung: Die Teilnahme ist kostenfrei. Eine Anmeldung zu
den einzelnen Abenden ist möglich unter: cornelia.goette@kfd.de. Der
Einwahllink ist für alle vier Gesprächsabende gültig und wird jeweils am
Veranstaltungstag bis 11.00 Uhr verschickt. Weitere Informationen finden Sie
unter: r: https://www.kfd-bundesverband.de/equal-care-day/
Themen und Termine
26.02. Equal Care Day: Füreinander sorgen, aber wie
gerecht verteilen?
kfd im Gespräch mit:
Sascha Verlan, Initiator des Equal Care Days
Thomas Altgeld, Vorsitzender des Bundesforums Männer
Prof`in em. Dr. Margrit Brückner, Frankfurt University of
Applied Sciences, Soziale Arbeit und Gesundheit
5.03. Pflege: Eine gemeinsame Gestaltungsaufgabe aller?
GKMD im Gespräch mit:
Prof. Dr. Andreas Wittrahm, Theologe und Psychologe,
DICV-Aachen
Birgit Hullermann, Pflegewirtin, 2. Vorsitzende des
Katholischen Pflegeverbandes e. V., Emsdetten
Anna Wischnewski, Sprecherin des Netzwerkes PflegeBegleitung
NRW
12.03. Lebenspraxis: Für sich und andere sorgen – Wie
werden wir kompetent?
kfd im Gespräch mit:
Prof`in em. Uta Meier-Gräwe, Unterzeichnerin des
Care-Manifestes, ehemals Lehrstuhl Sozioökonomie des Privathaushaltes an der
Justus-Liebig Universität Gießen
Herr Nelles, Frauen- und Kinderverbände wurden aus der
gesellschaftlichen Defensive gegründet. Gegen wen will sich das
Bundesforum Männer behaupten?
Wir wenden uns gegen Ignoranz gegenüber den Anliegen von Männern,
Jungen und Vätern. Aber wir haben uns nicht aus der Defensive heraus
zusammengeschlossen. Ich habe damals in den neunziger Jahren bei meinem
damaligen Arbeitgeber mit einem Projekt zur beruflichen Qualifizierung
während des Erziehungsurlaubs begonnen. Wir haben ausdrücklich auch
Väter angesprochen. Das Thema Erziehungsurlaub musste aus der Frauenecke
heraus. Die Zahl der Väter, die Erziehungsurlaub nahmen, war zwar sehr
gering. Aber es gab auch damals schon den Wunsch nach einer anderen
Aufteilung von Berufs- und Familienarbeit. Daran haben wir gearbeitet
und uns zusammengetan, um Kommunikationslinien in die Politik und in die
Verbände hinein aufbauen. Den Anfang machte das „Väterexpertennetz“.
Bald kamen auch Themen für Nichtväter dazu. Ein wichtiger Partner war
die evangelische Kirche, die schon lange eine sehr elaborierte
Männerarbeit geleistet hat. 2008 sind wir mit dem
Bundesfamilienministerium in Gespräch gekommen. Dort zeigte man sich
sehr aufgeschlossen, denn einen zentralen Ansprechpartner für die
Belange von Männern gab es nicht. 2010 haben wir mit zunächst zwei
Dutzend Verbänden das Bundesforum Männer gegründet – nicht gegen
irgendjemanden, sondern um Themen von Jungen, Männern und Vätern
gebündelt nach vorne zu bringen.
Personell grenzen Sie sich von Frauenverbänden ab, inhaltlich von
Männerbündnissen mit traditionellen Rollenbildern. Was genau ist Ihr
Markenkern?
Zentral für uns sind Geschlechtergerechtigkeit und Dialog. Es geht
uns um Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen. Wir treten in den
Dialog mit denjenigen, die zuständig sind für Gesetzgebung und für
Arbeitsbedingungen. Mit der IG Metall haben wir uns zum Beispiel darüber
auseinandergesetzt, wie sich Arbeitszeiten so gestalten lassen, dass
sie aktive Vaterschaft ermöglichen. Einige unserer Mitgliedsvereine
legen ihren Schwerpunkt auf Gewaltprävention oder Gesundheitsvorsorge.
Die Lebens- und Arbeitsweise von Männern führt dazu, dass sie eine
niedrigere Lebenserwartung haben. Zu vernünftigen Ergebnissen in der
Gleichstellungspolitik kommen wir nur, wenn wir das ganze Leben von
Männern betrachten.
Gehören dem Bundesforum Männer auch Vereine und Organisationen mit traditionellen Männerthemen an?
Wir sind im Gespräch zum Beispiel mit dem Nationalen Olympischen
Komitee und anderen Vereinen. Aber Bedingung für eine Mitgliedschaft bei
uns ist, dass die Interessen von Männern in der eigenen Organisation
thematisiert werden. Es gibt zwar viele große Vereine, in denen
massenhaft Männer organisiert sind, die spezifische Perspektive von
Jungen, Männern und Vätern wird dort aber oft noch nicht adressiert.
Doch es gibt Bewegung. Väter im Fußball, zum Beispiel, ist durchaus ein
Thema.
Klassiker traditioneller Männerarbeit sind Holzhacken oder Reparaturen rund ums Haus. Was ist Ihr Verständnis von Männerarbeit?
Wir arbeiten daran, Geschlechterklischees zu überwinden. Viele Männer
wollen beim Kindergartenfest nicht nur am Grill stehen. Sie möchten
auch fürsorglich sein und als Erziehungspartner akzeptiert werden. Die
gesetzlichen Rahmenbedingungen, etwa das Ehegattensplitting, wirken
jedoch einer partnerschaftlichen Aufteilung der Erwerbs- und
Familienarbeit entgegen. Derartige Fehlanreize führen dazu, dass Männer,
gerade wenn sie Väter geworden sind, nicht das Leben führen können, das
sie eigentlich gerne leben würden.
Die meisten Ihrer Mitgliedsorganisationen kommen aus den Bereichen
Bildung, Gesundheit, Kirche, Arbeit und Soziales. Sind auch Unternehmen
eingebunden?
Mit der „Väter gGmbH“ haben wir ein Mitglied, das sehr aktiv und
erfolgreich Netzwerkarbeit für Väter in Unternehmen betreibt. Die Väter
gGmbh berät bundesweit Unternehmen zum Thema Vereinbarkeit von Beruf und
Familie aus Vätersicht. In verschiedenen Branchen wurden Väternetzwerke
aufgebaut, im Bankenwesen ebenso wie in Mobilfunkunternehmen, in der
Pharmaindustrie und im Handel. Ich würde allerdings vehement der These
widersprechen, dass kleine Betriebe sich mit der Väterarbeit schwerer
tun als Großkonzerne. Aus eigener Erfahrung in Unternehmen verschiedener
Größe kann ich berichten, dass es immer darauf ankommt, die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf tatsächlich zu leben und vorzuleben.
Wenn ein Handwerksmeister ein halbes Jahr in Elternzeit geht und
tatsächlich „nur“ 30 Wochenstunden im Betrieb ist, wird sich etwas
verändern.
Sie haben viele Aktive aus dem kirchlichen Bereich. Wie sieht es aus
mit Organisationen anderer Religionsgemeinschaften. Gibt es unter Ihrem
Dach islamische Verbände?
Aktuell liegt uns ein Mitgliedsantrag des Sozialdienstes muslimischer Frauen (SmF) vor . . .
Eines Frauenverbandes?
Ja, der Sozialdienst betreibt auch eine sehr engagierte Väterarbeit.
Einen Sozialdienst muslimischer Männer gibt es bislang nicht. Die
Aufnahme des SmF wäre in der Tat ein Präzedenzfall. Aber in unseren
Mitgliedsverbänden sind nicht ausschließlich Männer tätig. Einige
schicken auch weibliche Delegierte zu unseren Mitgliedsversammlungen.
Ihr Verband empfiehlt sich der Politik aber als Ansprechpartner für
die Anliegen von Männern. Was unterscheidet männer- von
frauenpolitischen Themen?
Die unterschiedliche Perspektive. Im Koalitionsvertrag ist zum
Beispiel vereinbart, dass das Umgangs- und Sorgerecht neu geregelt wird.
Unsere Erwartung war, dass die Interessen von Vätern künftig früher
berücksichtigt werden und unverheiratete Väter nach der
Vaterschaftsanerkennung automatisch sorgeberechtigt sein werden. Danach
sieht es aber nun leider nicht aus. Dabei hatte eine Arbeitsgruppe von
Familienrechtlern diesen Reformschritt empfohlen und überzeugend
dargelegt, dass Kinder von Geburt an Anspruch auf zwei sorgeberechtigte
Eltern haben.
Wo sehen Sie weiteren Handlungsbedarf, wenn es um die Rechte und Interessen von Jungen, Männern und Vätern geht?
Das Feld vor und rund um die Geburt von Kindern muss insgesamt
stärker ins Blickfeld rücken. Denn bereits bei der Geburtsvorbereitung
werden die Weichen gestellt für alles weitere, was man später versucht,
durch Gleichstellungspolitik zu reparieren. Deshalb ist es so wichtig,
Vätern zu diesem frühen Zeitpunkt Angebote zu machen. Noch viel mehr
passieren müsste beim Gewaltschutz. Auch Männer werden Opfer häuslicher
Gewalt. Zumindest im Hellfeld nicht so häufig wie Frauen, aber der
Anteil liegt immerhin bei rund 20 Prozent. Für Männer gibt es jedoch
kaum Schutzräume. Einige Gewaltschutzwohnungen wurden mittlerweile im
Rahmen von Modellprojekten in Bayern und in Nordrhein-Westfalen
eingerichtet. In Sachsen gibt es ebenfalls eine Einrichtung. Aber
insgesamt sind es viel zu wenige. Wir bräuchten auch deutlich mehr
Beratungsstellen für Männer, die häusliche Gewalt erleben. Auf einer
Internetseite haben wir bislang rund 280 Angebote gebündelt, damit
Männer möglichst frühzeitig Hilfe suchen und Krisen überwunden werden
können, ohne dass es zur Trennung kommt.
Ihr Verband arbeitet ja auch mit Frauenorganisationen zusammen. Bei
welchen Themen funktioniert die Kooperation gut und wo gibt es
Differenzen?
Wir haben von Anfang an mit dem Deutschen Frauenrat
zusammengearbeitet. In den allermeisten Fällen klappt das sehr gut. Aber
manchmal haben wir unterschiedliche Perspektiven, etwa im Bereich
Pflege. Mit der Ausgangsthese, Männer würden sich hier nicht engagieren,
erreicht man nichts. Gerade ältere Männer übernehmen häufig
Pflegeverantwortung für ihre Frauen oder Partnerinnen, fast ebenso
häufig wie ältere Frauen. Wenn man erreichen möchte, dass Männer sich
insgesamt mehr in der Pflege engagieren, auch beruflich, sollte man auch
anerkennen, wo sie bereits als Pflegende aktiv sind.
Die Corona-Pandemie gilt als Rückschlag für die
Gleichstellungspolitik. Frauen und Mütter gelten als die Verliererinnen.
Stimmen Sie zu?
Nein, das sehe ich nicht so. Die Corona-Krise wirkt wie ein
Brennglas, das heißt man sieht in besonderer Schärfe, was vorher schon
war. So hat sich in der Pandemie besonders bemerkbar gemacht, dass
überwiegend die Männer Vollzeit arbeiten und die Frauen sehr häufig in
Teilzeit tätig sind, wenn sie Familie haben. Wie sich dieses Modell in
der Corona-Krise auf die Familie ausgewirkt hat, war zum Teil sehr stark
branchenabhängig. Arbeitet der Mann in einem Unternehmen, das
Kurzarbeit anmeldete, blieb er zu Hause. Eine Partnerin, die im
Pflegebereich tätig ist, war beruflich voll eingespannt. Aber nach einer
Umfrage, die das Bundesfamilienministerium in Auftrag gegeben hatte,
ist die Aufteilung bei der Kinderbetreuung in knapp 60 Prozent der
Familien so gut wie gleich geblieben. In rund 20 Prozent der befragten
Familien ging es partnerschaftlicher zu und in weiteren rund 20 Prozent
wurde die Aufteilung ungleicher. Einen großen Trend zur
Retraditionalisierung sehe ich hier nicht. Im Gegenteil: Das familiäre
Engagement der Väter hat in der Corona-Krise stärker zugenommen als in
früheren Jahren, auch wenn Frauen sich insgesamt noch mehr engagieren.
Ihr Verband blickte im November 2020 auf sein zehnjähriges Jubiläum zurück. Was gab es zu feiern?
Unser Verband und unser Einfluss sind deutlich gewachsen. Nicht nur
in Berlin, auch in vielen Bundesländern werden unsere Themen
aufgegriffen. Aber es gibt weiterhin viel zu tun. Die traditionelle
Überzeugung, dass Kinder und Mütter mehr zusammengehören und Väter
zweitrangig sind, ist immer noch da. Vor allem bei den Themen Trennung,
Sorge und Unterhalt sind wir noch lange nicht am Ziel.
Treffen Sie sich mit Ihrem Sohn manchmal zu einem klassischen Männerabend?
Dazu haben wir leider zu selten Gelegenheit gehabt. Seit dem Abitur
vor 13 Jahren ist mein Sohn in der Weltgeschichte unterwegs. Mal
gemeinsam vor dem Fernseher abzuhängen und Bier zu trinken, das wird, in
Zeiten von Corona, in diesem Jahr aber klappen.
Kristin Weber berichtet in der Werra Rundschau über meinen Beitrag zum Internationalen Männertag
“Viele Männer möchten gerne aktive Väter sein. Das heißt, sich Zeit für ihre Familie und die Kindererziehung nehmen, ihre Sozialkompetenz als Familienmanager erweitern, eine liebende und verständnisvolle Partnerschaft führen und zugleich aber auch beruflich erfolgreich sein, erklärt Hans-Georg Nelles, Gründungsmitglied im Väter-Experten-Netz Deutschland und seit der Vereinsgründung 2005 ehrenamtliches Vorstandsmitglied.
Am Internationalen Männertag hatte die
Gleichstellungsbeauftragte des Werra-Meißner-Kreises, Thekla Rotermund-Capar,
zur Konferenz per Video-Stream eingeladen, und Nelles referierte zum Thema
„Aktive Väter– ein Gewinn für Unternehmen und Partnerschaft“.
Der oben genannte Wunschkatalog stelle Herausforderungen an
das Zeitmanagement der Väter –heißt, für all das muss sich ein Vater viel Zeit
nehmen, was viele Männer im Alltag überfordere, erklärte Nelles. Vor allem, da
der Wunsch, sich Zeit für die Familie zu nehmen, mit der Aussicht auf eine berufliche
Karriere immer noch kollidiere.
Im Hinblick auf ein verändertes Rollenbild habe sich heute
zwar schon viel in den Köpfen getan, aber noch nicht genug. Die Grundfrage
laute nach wie vor, wer in der Familie arbeite Teilzeit, wer Vollzeit und wer kümmere
sich um Haushalt und Kinder? Könnten diese Aufgaben partnerschaftlich
aufgeteilt werden?
Nelles beobachtet, dass viele junge Väter heutzutage zwar
bekunden, dass sie aufgeschlossen sind für eine neue Rollenverteilung, sie
wünschten sich eine 35-Stunden-Woche, sie würden gerne mehr als drei Monate
Elternzeit nehmen. Dennoch änderte sich wenig am Verhalten. „Aber das Thema
Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in den Unternehmen angekommen, und es
gilt zunehmend auch für Männer“, sagte Nelles.
Er setzt auf Vorbildfunktion der Unternehmensführung und
versucht Unternehmen nahezubringen, welche Vorteile aktive Väter für ihre
Unternehmenskultur hätten: So könnten im ländlichen Raum Fachkräfte angelockt
werden, indem ihnen gute Bedingungen für die Vereinbarkeit von Beruf und
Familie geboten würden.
Männer, die Väter sind, verfügten außerdem über viel
Sozialkompetenz, da sie Erfahrungen damit hätten, Konflikte zu lösen. Der
Väter-Experte wünschte sich, dass Unternehmen bereits in Stellenanzeigen und
Bewerbungsgesprächen signalisierten, dass diese Kompetenzen erwünscht seien. So
werde das Rollenbild des aktiven Vaters in der Gesellschaft aufgewertet.
Hans-Georg Nelles führt als Beispiel an, dass in der Schweiz
schon jeder sechste Mann in einem Teilzeitjob arbeite. Und dass im weltweiten
Vergleich Unternehmen, bei denen Vaterschaftsurlaub möglich sei, auch
durchschnittlich mehr weibliche Führungskräfte hätten. Allerdings kann man
fragen, an welcher Stelle hier Ursache und Wirkung liegen. „Wir brauchen eine väterbewusste
Familienpolitik und Unternehmenskultur“, forderte der Experte.
Auch Thekla Rotermund-Capar hält fest: „Wenn wir mit den Frauen weiterkommen wollen, müssen wir mehr an den Vätern arbeiten.“ Aber sie zeigte sich nicht grenzenlos optimistisch. „Solange die Erwerbsarbeit im Zentrum unseres Lebens steht, wird sich nicht viel ändern“, sagte sie und plädierte für ein bedingungsloses Grundeinkommen.”
Der Anspruch von Boris an sich selbst ist sehr hoch: Der
zweifache Vater will zu Hause und bei der Arbeit alles geben, “das Beste
aus meinem Leben rausholen”, auch wenn das heißt, dass er in manchen
Nächten nur drei oder vier Stunden schläft.
Das letzte Mal mit einem Freund unterwegs war Boris vor drei
Jahren, erzählt er. Er möchte gerne, dass seine Kinder später von ihm sagen
“dass er ein toller Papa war, der Beste”. Dafür hat Boris seinen
gutbezahlten Posten als Facharbeiter bei einem großen Pharmakonzern gegen einen
Job bei einem Mittelständler getauscht. Er ist jetzt nicht mehr täglich drei
Stunden auf der Autobahn, aber das heißt für die Familie auch: weniger Geld.
Seine Frau geht deswegen wieder arbeiten. Er steht nun um
vier Uhr morgens auf, um am Nachmittag wieder zu Hause zu sein – dann geht
seine Frau arbeiten und er versorgt die beiden Kleinkinder. Das ist ein
täglicher Spagat. Laut Väterreport des Bundesfamilienministeriums fänden es 60
Prozent der Väter ideal, sich den Alltag partnerschaftlich zu teilen,
verwirklicht wird es aber nur von 14 Prozent.
Immer im Hamsterrad, rund um die Uhr funktionieren – 40
Prozent der Väter fühlen sich laut einer Familienstudie der AOK zeitlich
überlastet und 82 Prozent der Kinder zeigen Stresssymptome, so eine Studie der
Uni Bielefeld.
In dieser Studie, deren Ergebnisse sicher auch auf Deutschland und Österreich übertragen werden können, wird (auch) der volkswirtschaftliche Nutzen der Arbeit mit Vätern und Beratungs- und Bildungsangebote für sie dargelegt
Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind entscheidend für dessen
weitere Entwicklung. Dasselbe gilt für die Rahmenbedingungen, die diesen
Lebensabschnitt begleiten sollten. Sie sind unerlässlich, um
Chancengerechtigkeit für jedes Kind zu gewährleisten und es in die Lage zu
versetzen, sein Potenzial zu entfalten. Wenn jedes Kind schon vor dem
Schuleintritt in seiner Entwicklung unterstützt wird, unabhängig von seiner familiären
Situation und seinem Hintergrund, dann sind die langfristigen Vorteile gegeben:
für das Kind in Bezug auf Bildung und berufliche Entwicklung, für die Eltern in
Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt und das Lohneinkommen und schließlich
auch für den Staat selbst.
Das vorliegende White Paper der Jacobs Foundation ist ein Novum:
Zum ersten Mal wird für die Schweiz aufgezeigt, dass ein Ausbau der
Betreuungsangebote im Frühbereich auch positive Auswirkungen auf die Schweizer
Volkswirtschaft hat. Die Jacobs Foundation hat die diesem White Paper
zugrundeliegende Studie von BAK-Economics und die darin durchgeführten
Simulationen von verschiedenen namhaften Ökonomen und Politikern und
Politikerinnen begleiten lassen, um einen qualitativ hochwertigen Prozess
sicherzustellen.
Diese Studie ist das finale Projekt der Forschungsagenda der Jacobs Foundation, ein wesentliches Element ihrer Strategie 2016––2020 zur Verbesserung der Rahmenbedingungen im Bereich der frühen Kindheit in der Schweiz. Eine Strategie, die sowohl auf die Politik als auch auf die Wirtschaft abzielt, damit in unserem Land eine echte Politik der frühen Kindheit entwickelt werden kann.
Das Leben von Eltern ändert sich mit der Geburt des ersten Kindes schlagartig. Werden sie erwachsener, weil sie neue Verantwortung zu übernehmen haben? Dieser Frage gingen Eva Asselmann und Jule Specht von der Humboldt-Universität zu Berlin nach. Die Psychologinnen werteten Daten von knapp 20.000 Personen aus dem Sozioökonomischen Panel aus, einer bevölkerungsrepräsentativen Langzeitstudie aus Deutschland. Die Forscherinnen untersuchten die fünf Persönlichkeitsmerkmale Offenheit, Geselligkeit, Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale Stabilität in den Jahren vor und nach der Geburt des ersten Kindes.
Danach hatten Personen, die weniger offen für neue
Erfahrungen waren sowie extrovertierte Menschen eine höhere Wahrscheinlichkeit,
in den Folgejahren eine Familie zu gründen. Nach der Geburt ihres Kindes waren
Eltern weniger offen und die Geselligkeit (Extraversion) nahm ab. Eine
Erklärung: Mit einem Baby bleibt oft kaum Zeit, um neue Dinge auszuprobieren
oder Freunde zu treffen.
Komplexere Effekte zeigten sich für die anderen
Persönlichkeitsmerkmale Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit und emotionale
Stabilität. Sie waren teilweise vom Alter und Geschlecht der Teilnehmenden
abhängig.
So zeigte die Studie, dass jüngere Eltern im ersten Jahr
nach der Geburt ihres Kindes deutlich gewissenhafter waren als in den Jahren
davor und danach. Späte Eltern dagegen waren nach der Geburt des ersten Kindes
sogar weniger gewissenhaft als zuvor. Eine mögliche Erklärung: Gerade junge
Eltern müssen oft schlagartig Verantwortung übernehmen. Dagegen haben sich
späte Eltern bereits einen sozialen Status erarbeitet, der es ihnen erlaubt,
nach der Familiengründung beruflich kürzer zu treten.
Es sind jedoch weitere Untersuchungen notwendig, um zu prüfen,
durch welche konkreten Veränderungen im Alltag sich die einzelnen Ergebnisse
erklären lassen. Dass die Geburt des ersten Kindes grundsätzlich mit einer
Persönlichkeitsreifung einhergeht, konnte in der Studie nicht bestätigt werden.
Fast eineinhalb Jahre hat eine Arbeitsgruppe von acht
Familienrechtler_innen aus Wissenschaft, Justiz und Anwaltschaft im Auftrag des
Justizministeriums darüber beraten, wie das zuletzt 1998 umfassend geänderte
Sorge- und Umgangsrecht modernen Betreuungsmodellen und geänderten
Lebenswirklichkeiten vieler Familie angepasst werden kann.
Das Ergebnis waren 50 Thesen
und Empfehlungen, die eine grundlegende Reform des geltenden
Kindschaftsrechts bedeuten würden. Manche von ihnen bergen politisches Konfliktpotential.
Eines der Ergebnisse.
Die elterliche Sorge sollte den rechtlichen Eltern eines
Kindes von Anfang an gemeinsam zustehen. Auch unverheiratete Väter, deren
Vaterschaft rechtlich anerkannt ist, sollen künftig mit Geburt des Kindes wie
die Mutter automatisch sorgeberechtigt sein. Bislang bedurfte es hierfür einer
gemeinsamen Sorgeerklärung beider Eltern. Weigerte sich die Mutter, mit dem
Vater das Sorgerecht zu teilen, musste der Vater dann den Weg übers
Familiengericht gehen.
Jetzt wird deutlich, dass es diese Regelung nicht geben
wird. Warum Bundesjustizministerin Lambrecht in einem Interview trotzdem davon
sprach, mit ihrem Vorschlag werde das gemeinsame Sorgerecht von nicht
verheirateten Eltern „erleichtert”, erschließt sich Rechtsanwältin Eva
Becker, Mitglied der Arbeitsgruppe und Vorsitzende des Geschäftsführenden
Ausschusses der Arbeitsgemeinschaft Familienrecht im Deutschen Anwaltsverein,
nicht.
„Auch weiterhin wird es Hürden für unverheiratete Väter
geben, das gemeinsame Sorgerecht zu erlangen. Es ist bedauerlich, dass die Ministerin
nicht der Auffassung der Arbeitsgruppe gefolgt ist. Kinder haben von Geburt an
den Anspruch auf zwei sorgeberechtigte Eltern”. Die Anwältin hatte den
Automatismus beim Sorgerecht mit Etablierung der rechtlichen Elternschaft
seinerzeit als „Leitbild einer geplanten Reform” bezeichnet. Der Vorschlag
war in der Arbeitsgruppe im BMJV ohne Gegenstimme angenommen worden.
Nach meiner Auffassung ist nicht der ‚Automatismus‘ das Leitbild,
sondern die Rechte des Kindes auf die Sorge durch Vater und Mutter und die
Bedeutung von Vätern für die Entwicklung ihrer Kinder. Die Missachtung des einstimmigen
Votums der Arbeitsgruppe ist ein Skandal ebenso wie die Behauptung der
Ministerin, das Vorhaben orientiere sich am ‚Kindeswohl‘.
Die Deutsche Fernsehlotterie macht am kommenden Sonntag in
ihrer Gewinnzahlenbekanntgabe in der ARD auf das Väterboardinghaus „Casa Papa“
der Diakonie Hasenbergl e.V. aufmerksam. Personalkosten von Deutschlands erstem
Angebot für Väterwohnen und Väterberatung konnten durch den Losverkauf der
Soziallotterie mit 208.000 Euro gefördert werden.
Laut Angabe der Diakonie Hasenbergl zerbrechen in München
jedes Jahr 3.000 bis 4.000 Ehen oder nicht-eheliche Beziehungen, in denen
Kinder leben, ca. 2.500 Kinder sind jedes Jahr von einer Scheidung betroffen.
In den meisten Fällen ziehen laut Angabe von „Casa Papa“ die Väter aus der
gemeinsamen Wohnung. Einige hundert von ihnen haben jedes Jahr große
Schwierigkeiten, auf dem angespannten Münchner Wohnungsmarkt eine für einen
Kinderbesuch geeignete, bezahlbare Wohnung zu finden.
Zu der psychischen Krise der Trennung kommt somit für diese
Väter oftmals auch eine finanzielle Notlage hinzu. An diese Männer wendet sich
das Väterboardinghaus, das ein „Zuhause auf Zeit“ sein soll, mit der
Möglichkeit, weiterhin Kontakt mit ihren Kindern zu haben.
„‘Casa Papa‘ ist eine Einrichtung, wo sich Väter hinwenden
können, die nach der Trennung die gemeinsame Wohnung verlassen müssen. Bei uns
finden sie zum einen Beratung und zum anderen die Möglichkeit, dass sie in eine
Vätergemeinschaft einziehen können, wo sie erst einmal zur Ruhe kommen“, so
Sozialpädagoge Markus Nau vom „Casa Papa“.
„Die Väter, die zu uns kommen, haben erstmal ein sehr hohes
Stress-Level. Das merkt man auch daran, dass sie oft nicht wissen, wo sie
anfangen sollen. Wenn sie eine Zeitlang bei uns sind, dann strukturieren sie
ihren Alltag wieder anders und finden für sich eine Perspektive, wie es
weitergehen kann“, ergänzt Nau. Das Väterboardinghaus bietet Vätern, Müttern
und Kindern aus dem gesamten Sozialraum München außerdem Unterstützung in
Trennungssituationen, Krisenintervention, Beratungen in Bezug auf das Jugendamt
und eine Weitervermittlung an andere Beratungsstellen an.
Das ist in den vergangenen Wochen und Monaten mehr als deutlich geworden. Die Bedeutung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Notwendigkeit Kinder während der Erwerbstätigkeit von Müttern und Vätern zu betreuen. Es geht vielmehr auch um die Entwicklungsmöglichkeiten von Kindern und um Bildungsgerechtigkeit. Auf die katastrophalen Auswirkungen von Schulschließungen, im Juli waren in 160 Länder von Schulschließungen betroffen, hat letzte Woche auch UN-Generalsekretär Antonio Guterres hingewiesen.
In Deutschland enden in den nächsten Wochen die Schulferien
in den Bundesländern und es wird über erforderliche Schutzmaßnahmen diskutiert.
Unstrittig ist, dass Schließungen von Schulen und Kitas auf jeden Fall
vermieden werden sollen.
Im April und den folgenden Wochen haben geschlossene Bildungs- und Kinderbetreuungseinrichtungen dazu geführt, dass Väter und Mütter diese Aufgaben komplett übernehmen mussten und Kinder und Jugendliche einzig über Socialmedia und andere technische Medien Kontakt zu Gleichaltrigen aufnehmen konnten bzw. auf sich alleine gestellt waren. Dies hat nicht nur Eltern ge- und in großen Teilen überfordert, eine aktuelle Studie des UKE in Hamburg weist auf die psychische Belastung der Kinder und Jugendlichen hin. Demnach fühlen sich mehr als 70 Prozent der befragten Kinder und Jugendlichen durch die Corona-Krise seelisch belastet. Stress, Angst und Depressionen haben zugenommen. Das Risiko für psychische Auffälligkeiten habe sich fast verdoppelt.
Um Kindern einen Austausch mit Gleichaltrigen zu ermöglichen und Eltern im Homeoffice zumindest für eine oder anderthalb Stunden ein konzentriertes Arbeiten zu ermöglichen, hat Sabine Wildemann ihrem Startup ‚Kids Circle‘ bereits Ende März ein virtuelles Kinderhaus mit unterschiedlichen, themenorientierten Zimmern und einem Wohnzimmer ‚gebaut‘. Dort werden in zwei Betreuungsformaten, interaktive Videokonferenzen mit abwechslungsreichen Inhalten, jeweils 4 Kinder ab 4 Jahren von einem Coach betreut. Die Betreuer sind pädagogisch vorgebildet und werden auf der Webseite persönlich vorgestellt.
Die Anlässe, die Angebote von Kids Circle zu nutzen, seit Ende
Juli sind neben den Onlineangeboten auch Spiel- und Erlebnisangebote im Freien
im Programm, gehen über Corona bedingte Schließungen hinaus: Es gibt Bedarf an
erweiterten Betreuungszeiten über KiTa und Schule hinaus, In den Ferien und bei
KiTa-Schließzeiten, als Unterstützung bei Tätigkeit im Home-Office und als Plan
B bei kurzfristigem Ausfall von Betreuungspersonen.
Sabine Wildemann wird mit ihrem Angebot insbesondere bei der
Zielgruppe der Eltern mit akademischem Hintergrund die sportlich und kulturell
interessiert sind und ihren Kindern entsprechende Möglichkeiten einräumen
möchten auf Interesse stoßen. Die Qualität der Angebote inklusive eines
Hygienekonzepts hat seinen Preis, eine Onlinestunde kostet 14 bzw. 15 Euro, für
die Kinderbetreuung Nebenan ist je nach Angebot 18 bzw. 21 Euro fällig. Da
liegt es nahe, auch Arbeitgebende zu adressieren und sie an den Kosten des
Angebots zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu beteiligen.
Als Tim die weiterführende Schule mit 17 ohne Abschluss
verlassen musste, bricht für Andreas Seltmann eine Welt zusammen. Nach heftigem
Hadern mit der Situation packte ihn eine folgenreiche Idee: Eine Vater-Sohn-Auszeit,
in Neuseeland.
Vater und Sohn gemeinsam über 3700 km 30 Tage lang 24
Stunden am Tag. Zusammen stellen sie sich als Team den Herausforderungen des
Unterwegsseins. Offen und neugierig lassen sie sich auf Begegnungen und
überraschende Wendungen ein. Wie von selbst ergeben sich Gespräche über das
Leben und den Tod, über Familiengeheimnisse, über die Liebe und
Männerfreundschaften, über Väter und Söhne.
In berührend persönlichen Briefen an die Familie und an
Freunde, fiktive und verstorbene Personen, reflektiert Andreas Erlebtes,
Erkenntnisse und Gefühle und hinterfragt seine Verantwortung als Vater. Den
ersten Brief schreibt er aus dem Flieger an seine Frau:
„Ich habe dir nie erzählt, dass der Augenblick, als unser
Sohn zur Welt kam, mein Verhältnis zu meinem Vater komplett verändert hat. In
dem Moment, als Tim auf die Welt gekommen war, habe ich von einer Sekunde auf
die andere tief in mir gespürt, dass nun sein Leben ganz eng mit meinem Leben
verwoben sein wird. Ich habe mit einem Mal meinen Vater in einem anderen Licht
gesehen. Mir wurde klar, welche Verantwortung er angenommen hatte. Mit einer
ungeheuren Klarheit spürte ich, dass von nun an nichts mehr so ist, wie es
vorher war.“
Neuseeland ist derzeit wegen Corona nicht erreichbar, dieses
Buch ist für die Vater-Sohn Wanderung durch den Harz oder das Sauerland aber genauso
gut geeignet. Für die ersten Schritte reicht ein verlängertes Wochenende.
Andreas Seltmann, NeuseeSOHNland, Wie aus 30 Tagen Auszeit
unsere allerbeste Vater-Sohn-Zeit wurde, Verlag Sorriso GmbH, 26,90 €